Seit fast 40 Jahren
Seit fast 40 Jahren ist Blaudruck ihre Leidenschaft. Elke Schlüter ist eine der letzten in Deutschland, die diese alte Handwerkskunst überhaupt noch praktiziert. Ans Aufhören denkt die 62-Jährige aber nicht. „Dafür macht es mir zu viel Spaß.“
Kommt man in die Blaudruckerei an der Münsterstraße, taucht man ab in eine andere Welt. Die Zeit ist hier nicht stehen geblieben, aber ich habe das Gefühl, hier läuft sie langsamer. Kein Stress, keine Hektik. Keine Maschinen, kein Computer. Sogar die Damengruppe, die in der Keramikmalwerkstatt gerade ihre Objekte bemalt, spricht von Entspannung. „Hier kommt man runter“, sagen sie.
Handarbeit
In Elke Schlüters Blaudruckerei wird alles per Hand gemacht: Vom Entwurf über das Nähen des Stoffes bis zum Bedrucken. Sie erklärt mir, wie der Blaudruck überhaupt funktioniert. Mit Modeln, so heißen die großen Holzklötze mit den Messingdruckstücken darauf, stempelt Elke Schlüter den Papp auf den Stoff. 800 Muster dieser Model stehen bei ihr im Regal. „Der Aufdruck der farbweisenden Masse bewirkt dann, dass die Farbe im Färberbad nicht angenommen wird und ein entsprechendes weißes Muster auf dem indigo-gefärbten Stoff hinterlässt“, so Elke Schlüter.
Blaues Wunder
Im Hinterzimmer steht der große Färbebrunnen, in den der Stoff getunkt wird. 2,20 Meter tief in die Erde gelassen und gefüllt mit 1500 Liter Farbe. „Original-Blaudruck ist das Blaugrundige“, erklärt Elke Schlüter. Und dabei kann man sprichwörtlich sein blaues Wunder erleben: Taucht man den mit Papp bedruckten Stoff in das Farbbad und zieht ihn nach ca. 20 Minuten wieder raus, ist der Stoff zunächst gelblich-grün und wird dann erst langsam blau. „Dieser Farbumschwung war für die Menschen im 17. Jahrhundert wie ein Wunder. Und so entstand auch die Redewendung: Sein blaues Wunder erleben“, erzählt Elke Schlüter.
Die Erklärung ist ganz einfach: Indigo muss zunächst reduziert werden, bevor es sich in Wasser auflöst. Man muss dem Farbstoff – laienhaft ausgedrückt – ein Sauerstoffteilchen entziehen. Dann verbindet er sich mit Wasser und färbt den Stoff und zwar gelb ein. An der Luft holt er sich dann das Sauerstoffteilchen zurück. Die Oxydation lässt den Stoff blau werden.
„Blöder Auftrag“
Wie sie zum Blaudruck kam? „Durch einen blöden Auftrag“, erinnert sich Elke Schlüter lachend. Während ihres Designstudiums arbeitete sie nebenbei bei einer Dozentin als Näherin. Diese Dozentin hatte damals eine Blaudruckerei in Billerbeck. Auf einen Auftrag hatte diese damals aber überhaupt keine Lust. 100 Platzdeckchen sollte sie bedrucken. „Elke, mach du das doch“, sagte sie. Und Elke Schlüter machte es so gut, dass sie kurze Zeit später ihre eigene Blaudruckerei eröffnete. Zunächst in Nordkirchen und 1986 dann an der Münsterstraße in Lüdinghausen.
Vor 21 Jahren eröffnete sie gemeinsam mit ihrem Mann Rolf dann noch das Café Indigo. „Die perfekte Verbindung. So konnten wir den vielen Besuchern, oftmals kommen ja auch ganze Busse zu uns, ein schönes Plätzchen zum Kaffeetrinken anbieten“, so Schlüter. Nadine Wenge
Weltkulturerbe: Der Blaudruck ist eine jahrhundertealte Technik der Stoffveredelung, nur noch zwölf Betriebe in Deutschland und 15 europaweit üben sie aus. Die große Bedeutung des Blaudrucks hat die UNESCO jetzt mit der Aufnahme in die Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit unterstrichen.
Zusammen mit der Indigo-Färberpflanze wurde die Technik durch Reisende der Niederländischen Ostindien-Kompanie im 17. Jahrhundert in Europa eingeführt.
Blaudruckerei Lüdinghausen, Münsterstr. 51, 59348 Lüdinghausen, Tel. 02591/1759. www.gemalt-wie-gedruckt.de Öffnungszeiten: mittwochs bis freitags: 10-12 Uhr, 15-18 Uhr
Elke Schlüter lädt zum gemeinsamen kreativen Gestalten ein
„Ich habe das gesehen, als ich meinen Sohn in Hamburg besucht habe. Da habe ich gedacht: Das machen wir auch. Das passt auch gut zur Blaudruckerei.“ Die Rede ist von der neuen Keramikmalwerkstatt, die Elke Schlüter im Obergeschoss der Blaudruckerei eingerichtet hat. Ob als Gruppe oder allein – hier kann jeder nach Herzenslust Tassen, Teller, Vasen, Kerzenständer, Schälchen, Kännchen und vieles mehr bemalen.
Und so einfach geht es: Man sucht sich das passende Keramikobjekt, Farben, Pinsel, Schwamm oder Stempel und ein Motiv. Und los geht´s. „Das kann wirklich jeder“, sagt Elke Schlüter. „Es macht außerdem Spaß und entspannt“, sagen die Damen, denen ich beim Malen über die Schulter schauen darf.
Ganz wichtig: Die Hände müssen vorher gewaschen werden, denn auf der Keramik darf kein Fett sein. Ist das Kunstwerk fertig, glasiert es Elke Schlüter. Dann kommt es in den Brennofen.
„Die Farbe ist übrigens ungiftig, sodass sich ein Besuch in der Keramikwerkstatt auch für Kindergeburtstage anbietet. Auch ein Babyfußabdruck auf Keramik ist möglich und bestimmt ein tolles Geschenk für Oma und Opa“, so Elke Schlüter.
Die Keramikmalwerkstatt hat während der Blaudruckerei-Öffnungszeiten geöffnet sowie nach Absprache darüber hinaus. Auch Mädelsabende kann sich Elke Schlüter vorstellen. Max. 12 Personen haben in der Keramikmalwerkstatt Platz. Kosten: Man bezahlt einen Pauschalpreis für die Keramik. Anmeldung: Tel. 02591/1759.