„Die Krone für den Bäcker“

Jörg Terjung ist der erste Brot-Sommelier des Münsterlandes

 

„Innen wattig, außen knusprig! Erdig, knusprig, betörend!“ Wenn Jörg Terjung über Brot spricht, gerät er regelrecht ins Schwärmen. Er drückt, er fühlt, er riecht: Mit allen Sinnen nimmt der Brotliebhaber den Geschmack und das Aroma auf. Er reibt über die Kruste und hält sich das duftende Brot unter die Nase. Mhm, da möchte man am liebsten gleich hineinbeißen.

Jörg Terjung brennt für sein Handwerk. Das merkt man ihm an. Mit welcher Begeisterung er über seinen Beruf und über seine Produkte spricht, das findet man nicht oft. Jetzt ist der Lüdinghauser der erste Brot-Sommelier des Münsterlandes. Ein Jahr lang hat der Lüdinghauser Bäcker- und Konditormeister gemeinsam mit 71 Kollegen aus ganz Deutschland die Schulbank gedrückt. Dabei ging es darum, Geschmacksnuancen herauszuschmecken, um Rezepturen, Zutaten, Food-Paaring und vieles mehr. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch so viel lernen kann“, sagt Jörg Terjung. Warum er den Lehrgang gemacht hat? „Ich wollte noch mehr“, so der 56-Jährige. „Der Brot-Sommelier ist sozusagen die Krone für den Bäcker.“

Waschechter Lüdinghauser

Während ein Bäcker-Kollege mit seiner Abschlussarbeit sogar in der Bild-Zeitung landete (er zeigte, dass man mit einer Brot-Diät durchaus abnehmen kann), setzt Jörg Terjung auf Heimat und Bodenständigkeit. „Ich bin ein waschechter Lüdinghauser. Das möchte ich auch in meinen Produkten zeigen“, sagt er.  Und so hieß seine Abschlussarbeit: „Region und Saison in Brot gebacken“. Dabei entwickelte er auch eine neue Kreation: das Emmerbrot. Das gibt´s unter dem Namen „Tante Emmas Walnussbrot“ in der Bäckerei Terjung. Und der Emmer kommt vom Dinkelhof in der Lüdinghauser Bauerschaft Elvert, aus Lüdinghauser Boden.

„Das Bäckerhandwerk ist eine tolle Spielweise“, sagt Terjung, der die Familienbäckerei in der 3. Generation führt. Rote Beete-Brot, Apfelbrot, Kirschbrot oder pechschwarze Brötchen, die mit medizinischer Kohle zubereitet werden – Jörg Terjung experimentiert gerne und kreiert ständig neue Brotvariationen. Gesundheit und Genuss stehen dabei an erster Stelle.

„Wenn die Italiener sich die Pizza schützen lassen, dann wäre bei uns das Brot Weltkulturerbe“, sagt der Bäcker. 3200 verschiedene Brotsorten gibt es in Deutschland. Genauso sieht es auch Johann Lafer, der mit den Bäckern als Abschluss ihres Lehrgangs an der Akademie des deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim gemeinsam gekocht hat. „Brot ist ein Stück Kultur“, so der Sternekoch.

Vor allem das Food-Paaring hat es Jörg Terjung seit dem Lehrgang angetan. Food-Paaring heißt: Welche Lebensmittel funktionieren besonders gut zusammen? „Unser Apfelbrot Katja schmeckt zum Beispiel hervorragend zu einem Camembert. Das ist so genial“, schwärmt Terjung. Gemeinsam mit Weinhändler Jan Stork konzipierte er jetzt die Veranstaltung „Wein & Brot“. „Kirschbrot schmeckt zum Beispiel besonders gut zu trockenem Rotwein, das Dinkelbrot zu Riesling“, erzählt Terjung und plant bereits vor seinem geistigen Auge einen Brot- und Weinabend auf der Burg Vischering.

Geschmacksexplosion

All das, was der Brot-Sommelier gelernt hat, gibt er weiter. An seine Mitarbeiter und an seine Kunden. „Ich nehme meine Mitarbeiter mit auf die Reise“, erklärt er. „Denn nur wenn alle begeistert sind, können wir tolles Brot backen und auch die Kunden mit unseren Geschichten über Brot, Brötchen und Co. begeistern.“ Ein Tipp, den Jörg Terjung vom Seminar mitgebracht hat: „Wenn Sie etwas probieren, halten Sie sich erst die Nase zu und öffnen Sie sie beim Essen wieder. Das macht eine Geschmacksexplosion in Gaumen und Kopf!“ Nadine Wenge

 

 

Infokasten:

Wie halte ich mein Brot frisch?

Bäcker-Latein von Jörg Terjung

Ein Brot muss atmen – das kann es am besten in einer Papiertüte, hier hält es sich am längsten frisch. Oder das Brot in ein Küchentuch wickeln und im Backofen lagern. Dort ist immer eine gleich bleibende Temperatur. Der ideale Ort für die Lagerung von Brot. Im Kühlschrank nur bei besonders heißem Wetter mit hoher Luftfeuchtigkeit lagern. Hilft gegen Schimmelbildung.

Lagerdauer für verpackte Brote:

Weißbrot: 2 Tage

Weizenmischbrot: 2-3 Tage

Roggenmischbrot: 3-4 Tage

Roggenbrot: 4-6 Tage

Schrotbrote/Vollkornbrote: bis zu 7 Tage

Frisches Brot und Brötchen lassen sich in einem TK-Beutel gut einfrieren. Bei minus 18 Grad halten sie einen Monat. Bei Zimmertemperatur dauert das Auftauen eines Brotes fünf Stunden, im Ofen bei 180 Grad 15 Minuten. Gefrorene Brötchen werden in wenigen Minuten im Backofen knusprig, vorher mit etwas Wasser benetzen.

 

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Bei Terjungs haben die Brote einen besonderen Namen:

Butter-Jupp – Jupp, das war der Opa von Jörg Terjung. Daher ist das Brötchen nach ihm benannt. Brot Henri – ein Franzose, der während des 2. Weltkriegs bei Terjung gebacken hat.

Apfelbrot Katja – eine Mitarbeiterin, die eine tolle Idee für ein neues Brot hatte.

Lüdinkel – ein Dinkelbrot mit Lüdinghauser Dinkel gebacken.